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Stadtratskolumne

Daniel Leupi

Rosenblätter

Gibt es einen Herzog und eine Herzogin von Zürich? Natürlich nicht. Oder vielleicht doch? An einem Freitagnachmittag im Oktober knipsten Touristinnen und Touristen wohl fern­östlicher Abstammung in Zürich Bilder, die, wäre der Schauplatz ein anderer gewesen, Eingang in die Regenbogenpresse gefunden hätten. Jedenfalls wunderten sie sich auf ihrer Sightseeing-Tour, als sie sahen, wie einige gesetzte Damen und Herren vom Balkon des Stadthauses einer fröhlichen Menge unten auf dem Platz Rosenblätter zuwarfen und freundlich winkten. Sie hatten vermutlich den Eindruck, das hiesige Herrscherhaus gebe eine Audienz, und zückten sofort ihre Kameras, um den Augenblick festzuhalten.

Des Rätsels Lösung? An jenem Freitagnachmittag hatte eine ausserordentliche Stadtratssitzung stattgefunden, die eben beendet war. Wir wussten, dass zeitgleich eine Mitarbeiterin aus der Protokollabteilung im wunderschönen Hochzeitsraum des Stadthauses heiraten würde, traten auf den Balkon, schauten hinunter, und tatsächlich: Vor dem Eingang zum Stadthaus standen Familie, Freunde und Bekannte mit Rosenblättern in der Hand und warteten auf Braut und Bräutigam. Während wir das Gleiche taten, erblickte ich hinter den Wartenden einen Karton mit Rosenblättern, die offenbar übrig geblieben waren. Ich eilte nach unten, schnappte mir die Schachtel, kreuzte auf dem Weg nach oben das frischgebackene Ehepaar, ohne mir etwas anmerken zu lassen, und war rechtzeitig zurück, um allen Stadtratsmitgliedern Rosenblätter in die Hand zu drücken. Das Brautpaar staunte natürlich nicht schlecht, als es vors Haus trat, nach oben schaute und vom winkenden Stadtrat aus luftiger Höhe mit den bunten ­Rosenblättern vollgeregnet wurde. Das war der Moment, den die Kameras der Touristinnen und Touristen festhielten.

Ich wünsche Ihnen ein 2014 voller Rosenblätter!

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