Stadtratskolumne
Spuren im Schnee
Meterhohe Schneemauern und Wetter wie im Bilderbuch haben mich in den Sportferien trotz eisiger Kälte zu ausgedehnten Wanderungen eingeladen. Die frischen Tierspuren und dynamisch geschwungenen Linien von Skifahrerinnen und Snowboardern unterwegs erinnerten mich dabei unweigerlich an einen kürzlich gelesenen Artikel. Darin wird beschrieben, wie Steinböcke über den Winter kommen. Im Vergleich zum Sommer reduzieren sie die Körpertemperatur über Nacht im Winter fast um das Doppelte. Offensichtlich drehen die Tiere bei tiefen Temperaturen nicht ihre Heizung weiter auf und suchen vermehrt nach Nahrung, sondern das Gegenteil passiert: Sie schalten ihren Stoffwechsel auf Sparflamme, um Fettverbrauch und Nahrungsbedarf zu reduzieren. Aus diesem Grund ist das Steinwild im Winter auch deutlich weniger aktiv. Dass es sich mit klammen Gliedern schlechter läuft, kennen wir schliesslich aus eigener Erfahrung!
Um sich trotz der eingeschränkten Beweglichkeit vor Feinden zu schützen, ziehen sich Steingeiss und Steinbock während des Winters in felsiges Gelände zurück. Hier können sie sich ähnlich wie Reptilien gefahrlos von der Sonne wieder aufwärmen lassen.
Diese Strategie hat dem Steinwild über Jahrtausende das Überleben gesichert, bis ihm der Mensch nachgestiegen ist und den Bestand bedrohlich reduziert hat. Dank Wiederansiedlungsprogrammen konnte sich das Bündner Wappentier wieder erholen. Heute verbringen immer mehr Menschen ihre Freizeit in der unberührten Gebirgslandschaft, was zu einer neuen Bedrohung führt, weil das Wild ständig fliehen muss. Dies kann es sich aber wegen des reduzierten Energiepotenzials nur kurzfristig leisten.
Höchste Zeit also, dass der Frühling kommt – nicht nur für die Vierbeiner im Hochgebirge, sondern auch für uns Zweibeiner unter der Nebeldecke. Ich jedenfalls freue mich darauf und wärme mich an jedem Sonnenstrahl.
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