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Stadtratskolumne

Daniel Leupi

Strassenfeger

Leserinnen und Leser, die nicht mehr ganz jung sind, kennen den Ausdruck vielleicht: Strassenfeger. Für die andern: Nein, das sind nicht die städtischen Angestellten, die unsere Stras­sen und Plätze sauber halten, auf dass es dort «so schön ist wie zu Hause». Strassenfeger, das waren Fernseh­sendungen, bei denen alle in der guten Stube vor dem Bildschirm sassen und die Strassen leer gefegt waren – dreiteilige Krimiserien zum Beispiel, deren Auflösung die halbe Nation entgegenfieberte, oder die grossen Samstagabend-Unterhaltungssendungen.

Heute kann man sich solche Sendungen – wenn es sie überhaupt noch gibt – dann anschauen, wenn man gerade Lust hat. Von den Strassenfegern ist, so scheint mir, nur einer übrig geblieben: Fussball. Und ganz besonders die Fussball-WM (oder EM). Das ist mir in den letzten Tagen bewusst geworden, als ich zweimal während eines Spiels der Schweizer Nati erst im Laufe der ersten Halbzeit nach Hause fahren konnte. Die Stille war schon fast gespenstisch, auf der Strasse kaum ein Auto oder ein anderes Velo, auch zu Fuss war praktisch niemand unterwegs; ein vorbeibrausender Polizeiwagen wurde zum Ereignis.

Es waren seltene Momente – Momente, in denen mir Zürich ganz ungewohnt vorkam. Klar, ich hätte gern daheim schon von der ersten Minute an vor dem Bildschirm mitgefiebert, aber diese Momente entschädigten für das Verpasste. Vielleicht versuchen Sie es auch einmal? Sie brauchen nicht mehr als den WM-Spielplan, um herauszufinden, wann die Gelegenheit am günstigsten ist. Ob die Schweizer Nationalmannschaft noch einmal die Strassen leer fegt, weiss ich nicht, Redaktionsschluss für diesen Text war vor dem Argentinienspiel. Wie auch immer: Ich wünsche Ihnen magische Momente. Vor Bildschirmen und Leinwänden. Oder in den leeren Strassen von Zürich.

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