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Stadtratskolumne

Filippo Leutenegger

Verlässlich mit einer Prise Italianità

Da bin ich also – der «Vespafahrer» im «Verkehrsministerium» Zürichs. Die Aufgaben sind vielfältig, spannend und bodenständig. Es gibt nicht nur umstrittene Verkehrsprojekte, sondern vieles mehr: Aus Schmutzwasser wird Trinkwasser, Plätze und Grünanlagen werden gestaltet, Daten für Bauwillige bereitgestellt, fast rund um die Uhr geputzt.Dieses ­Konkrete gefällt mir.

Das Schweizer System gibt den Kantonen und Gemeinden Eigenverantwortung in einem Ausmass, das seinesgleichen sucht. Gleichzeitig ist die Macht einer Regierung eng begrenzt. Das gibt unserem System Verlässlichkeit, Kontinuität und Mitverantwortung der Bevölkerung. Ich bin überzeugter Milizler. Ein Berufsparlament, eine Berufsarmee oder ein lang­jähriges Bundespräsidium wären das ­Falsche für unseren Kleinstaat.

Das Schweizer System ist dezentral und von unten nach oben aufgebaut, viele Leistungen beruhen auf Freiwilligkeit sowie Selbst- und Mitverantwortung. Erst dies schafft Gemeinsinn. Diese Kultur weiss ich besonders zu schätzen, weil ich als Auslandschweizer aufwuchs. Mein Vater arbeitete bei der UNO in Rom. Dorthin gehe ich immer wieder gern, denn meine Mutter ist nach dem Tod meines Vaters dort geblieben, ebenso zwei meiner drei Schwestern. Den Familiensinn habe ich von Italien mitgenommen.

Ich habe fünf Kinder zwischen acht und dreissig Jahren, und ich lebe mit meiner Frau und der ganzen ­Familie in derselben Siedlung an der Forchstrasse. Italien hat viele Vorzüge – die Politik und das Staatsverständnis gehören sicher nicht dazu. In der Schweiz wiederum missfiel mir die Abmachitis. Wollte man mit jemandem plaudern, musste man «abmachen». In Italien ging ich dafür einfach spontan auf die Piazza.

Doch die Schweiz geht auch in Richtung dieser Offenheit. Sie bewahrt ihre Vorzüge wie Verlässlichkeit und übernimmt Gutes von der Italianità, wie eben den öffentlichen Raum als Lebensraum zu nutzen. Dass ich genau dafür in Zürich die politische Verantwortung mittrage, freut mich sehr.

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