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Stadtratskolumne

Zürich zurückerobern

Von: André Odermatt

Umgeben von steinernen Mauern thront der Lindenhof über der Limmat. Wer den schmalen, gepflasterten Weg nach oben auf sich nimmt, wird mit einer grossartigen Aussicht auf die Altstadt und die Limmat belohnt. Diese Aussicht war dem gewöhnlichen Bürger und der gewöhnlichen Bürgerin vor 800 Jahren verwehrt. Wo heute die Linden Schattensuchenden ein kühles Plätzchen bieten oder Touristinnen und Touristen Bilder für ihr Reisealbum knipsen, residierten Könige und Kaiser in mächtigen Pfalzgebäuden. Aus diesem Machtzentrum wurde das Gebiet regiert und das Vermögen verwaltet. Mit dem Aussterben der Zähringer endete die Vormachtstellung des Adels. Die Stadtburg wurde schliesslich zerstört.

Heute zeugt die mächtige Stützmauer von der einstig dominanten Burg. Der neu geschaffene Freiraum war nun der ganzen Stadt zugänglich – nach privilegierter Nutzung zurück an alle. Rund 700 Jahre später dominierten neue Könige das Stadtbild: die Industriellen. Fabrikhalle reihte sich an Fabrikhalle. Doch auch diese Burgen der Neuzeit sahen ihr Ende kommen. Anders als vor 800 Jahren versucht man heute, diese Bauten nicht wie die Pfalzburg auf dem Lindenhof dem Erdboden gleichzumachen. Geschichtsträchtige Orte sollen erhalten und umgenutzt werden. Einst für Industrie und Gewerbe geschlossene Gebiete werden für die Bevölkerung zugänglich gemacht: Im ehemaligen Freilager, wo früher Güter gelagert wurden, wohnen heute Familien, auf dem Koch-Areal wird eine ehemalige Kohlenhalle zum Park umgenutzt und in der Manegg ziehen Menschen dort ein, wo sich früher Spinnräder drehten.


Ausstellung «1218» vom 12. März bis 15. Mai 2018, Haus zum Rech

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