Warum?

Robert Keller mit seiner Frau
Unzuverlässig, aber sehr herzlich
Von: Isabella Seemann
Auswanderer: Mit Robert Keller, Slovakei
11-Stunden-Arbeitstage sind für den Pensionär keine Seltenheit. Derzeit baut er sein Haus um und einen Erdkeller, um selbst angebautes Gemüse zu lagern. Doch die Hitze dämpft die Vorfreude: «Selbst die Kleopatra-Gurke wächst nicht, obwohl wir derzeit fast ägyptisches Wetter haben mit Temperaturen bis zu 39 Grad und dem Wüstenwind Chamsin», lacht Robert Keller. Vor zwei Jahren ist er mit seiner slowakischen Frau in das 882-Seelen-Dörfchen Hrnčiarske Zalužany ausgewandert, um bei ihrer pflegebedürftigen Mutter zu sein. Das Landleben ist dem Wiediker vertraut, er wuchs mit sechs Geschwistern auf dem Dorf auf. Doch zog es ihn in die Stadt und die weite Welt, 36 Jahre arbeitete er in der Reisebranche, bei Imholz im Kreis 3 und bei TUI. «Ich bin vom ersten Tag an sehr gut aufgenommen worden im Dorf», sagt der 60-Jährige. Schnell fand er Freunde, «da ist alles dabei vom Gemeindepräsidenten bis zu den Roma».
Und die Frauen holen beim Zürcher Rat fürs Gemüsegärtnern und Rezepte für die von ihm neu eingeführten Sorten wie Mangold. Das Slowakisch mit seinen sieben Fällen allerdings bereitet ihm Mühe; er kann besser zuhören als reden. Am meisten freut ihn die Herzlichkeit der Slowaken, am meisten ärgert ihn deren Unzuverlässigkeit. Und sie alle haben die gleiche Frage: «Warum hast du das Paradies Schweiz verlassen?» Er klärt auf: «Ein Normalverdienender hat auch in der Schweiz Ende Monat nicht mehr Geld als ein Slowake.»
Hrnčiarske Zalužany ist eine Gemeinde in der südlichen Mittelslowakei mit 882 Einwohnern.
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