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Album

Bitte nicht stören

Von: Clarissa Rohrbach

06. Dezember 2016

Erlaubt ist, was nicht stört. Das Problem: In der Schweiz stört so ziemlich alles. Zum Glück sagen die Schweizer Ordnungshüter aber immer bitte. «Bitte nicht rauchen», «bitte Hunde an die Leine», «bitte nicht füttern». Will man das Volk zum Anstand erziehen, muss man es auch anständig nötigen. Nehmen wir das Beispiel der VBZ. Die VBZ hängen zwar keine Verbotsschilder in den Trams auf. Dafür aber ein Schild, das verbotene Tätigkeiten zeigt, dazu der lustig-bedrohliche Satz: «Wir möchten nicht den ganzen Wagen mit solchen Verbotsschildern zupflastern.» So funktioniert das eben in der Schweiz: Man wird subtil zur Korrektheit gezwungen. Und die  Schweizer verinnerlichen dann diese passiv aggressive Erziehung so sehr, dass sie sich verpflichtet fühlen, in frustrierter Manier die Regelverstosser zu ermahnen. «Es isch im Fall rot», wettert ein Wutbürger am Strassenrand . «Sorry, i bin zerscht gsii»,  zischen die Schlangensteher an der Kasse. Das ist der grösste Akt der Zivilcourage, zu dem der Schweizer fähig ist: so verbissen und verstohlen wie möglich die andern zurechtzuweisen, um die heilige Ordnung zu bewahren. Und wehe, er wird dabei laut. Das gehört sich nicht.

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