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Album

Rita Angelone (47) hat zwei Kinder (8½ und 6½) und schreibt jede Woche über den ganz normalen Wahnsinn ihres Familienalltags.

Das Äusserste abverlangt

Von: Rita Angelone

17. März 2015

«Solange die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie älter geworden sind, gib ihnen Flügel.»

Die Sache mit den Wurzeln ist ja noch einfach, doch die mit den Flügeln gestaltet sich schwerer als gedacht. Derzeit grad, wenn unsere Jungs in Sachen Sport ihre Flügel aufspannen, um zu ungestümen Flügen anzusetzen. In solchen Situationen fällt es mir nicht nur schwer, meine Angst um ihre Köpfe zu überwinden und sie loszulassen, sondern ich bin je länger je, weniger in der Lage, überhaupt mit ihnen mitzuhalten. Was natürlich ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass sie in vielen Dingen langsam, aber sicher ­flügge wären . . .

Eine Kostprobe einer sportlichen Unabhängigkeit und Souveränität erhielt ich ja bereits am letzten Silvesterlauf, als mir der Grosse meine körperlichen Grenzen aufgezeigt hatte. Sie können sich also vorstellen, wie mir zumute war, als wir vergangenen Samstag als Familie an einem Skirennen teilnahmen. Die Jungs wollten aufs Podest, und auf mir lastete die Verantwortung für eine langsame Zeit: Denn, wer auch immer als Erstes durch das Ziel sausen würde – die Zeit würde dasjenige Familienmitglied bestimmen, das als letztes die Ziellinie passiert. Also ich.

Also musste eine möglichst erfolgversprechende und vor allem friedenserhaltende Taktik her, um zu verhindern, dass alles in einem Familiendesaster enden würde: Der Grosse sollte den Lead der Karawane übernehmen und «sein» Rennen fahren dürfen, der Kleine sich in die dritte Startposition eingliedern und wie der Blitz dem Familienoberhaupt folgen und ich, ich musste versuchen, den Anschluss (und auch das Gesicht) nicht zu verlieren.

Ersteres wäre mir egal gewesen, doch Zweiteres niemals! Angespornt durch einzig diesen Gedanken, fuhr ich zu meiner Lebensbestleistung auf: Von 175 teilnehmenden Familien mit zum Teil deutlich älteren Kindern und flotteren Müttern beschlossen wir das Rennen auf dem ehrenhaften 91. Platz! Ein allerletztes Mal noch habe ich mir selber Flügel verliehen – nächstes Mal fliege ich nicht mehr mit.

Blog: www.dieangelones.ch

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