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Album

Maja tratscht aus Thailand

Von: Maja Zivadinovic

20. Januar 2015

Gehören Sie auch zu den Menschen, die kein Fettnäpfchen auslassen? Falls ja, werden Sie mich bei folgender Geschichte besonders gut verstehen. Vor allem, wenn Sie auch dazu neigen, schneller zu reden als zu denken.

Wir kannten die beiden gerade mal fünf Minuten. Ob sie ein Paar seien, will ich wissen. Zeitgleich antworten sie. Er mit Ja, sie mit Nein. Ich weiss nicht, ob ich lachen oder wegrennen soll. Ich lächle und bleibe. Schliesslich sitzen wir zu neunt grad in der Freedom-Bar am Hippie-Strand von Koh Lanta. Wir, das sind sieben Schweizer und zwei Schweden. Das Paar, das sich als doch keines entpuppt, kommt auch aus der Schweiz. Er ist Lehrer, sie Buchhalterin. Beide Mitte 40. Er lebt fürs Reisen, sie nicht. Er, zurzeit ein Jahr unterwegs, lud sie spontan ein. Kann ich verstehen. Er ist verknallt. Sie zickt. Beide schütten mir ihr Herz aus. Ich leide mit ihm, sie finde ich doof. Logisch also, dass ich mich für ihn einsetze. Bringt nichts. Er nerve sie. Wolle immer Tagebuch schreiben und Bier saufen. Beim Bier nickt ihm vor allem der männliche Teil dieser Runde wohlwollend zu. Zwei Schweizerinnen, die seit dem Chindsgi miteinander befreundet sind, appellieren nun mit mir an die Herzensbrecherin. Die Mädels, Ende 20, schmeissen eine Runde. Ihr Bier bieten sie denjenigen an, die noch auf ihr Bier warten – in Thailand wird nie alles gleichzeitig serviert. Alle trinken aus einer Flasche. Die Bernerinnen erzählen von wilden Partynächten und fiesen Katern. Die Schweden haben ein Musikböxli dabei. In der Bar läuft Bob Marley, aus den Boxen schwedischer Pop. Die eine Schweizerin flirtet nun ungezwungen mit dem Böxli-Schweden. Der Lehrer ist traurig. Der Korb ist ihm zu viel.

Es ist weit nach Mitternacht, als wir uns alle zusammen für einen Nachtschwumm im Meer entscheiden. Die Luft ist immer noch sehr warm, das Meerwasser auch. Die einen haben schon etwas zu tief ins Glas geschaut. Ich bin nüchtern und behalte den Überblick. Noch während wir im Wasser sind, gesellen sich zwei Backpacker aus Solothurn zu uns. Die Jungs fassen meinem Freund ungefragt in seine langen Afrohaare und singen irgendeinen Reggae-Song. Mein Freund nimmts easy. Auch die Bernerinnen verlieren ihre Hemmungen und wuscheln über seinen Kopf. Als wir gegen halb fünf auf der Veranda vor unseren Bungalows noch eine Zigi rauchen, sind sich mein Freund, seine Schwester und ich einig: Wären wir Schweizer daheim nur halb so aufgeschlossen wie in den Ferien, hätten wir einiges mehr Spass im Leben.

Klatschkolumnistin Maja Zivadinovic ist Redaktorin bei Tilllate und «20 Minuten».

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