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Interview

Alex Rübel vor der Baustelle der Lewa-Savanne – sein letztes Projekt als Zoodirektor. Bild: SB

«Der Zoo Zürich braucht einen Direktor mit Visionen»

Von: Sacha Beuth

12. Februar 2019

Die Ankündigung von Zoodirektor Alex Rübel, 2020 in den Ruhestand zu gehen, sorgte letzte Woche für ein Rauschen im Blätterwald. Der 63-Jährige erzählt von den prägendsten Momenten seiner Amtszeit – vom Bau der Masoalahalle über den Tod von Tierpersönlichkeiten bis zum Lob der Besucher.

Als 1991 ein nicht einmal 36 Jahre junger Veterinär die Leitung des Zoos Zürich übernahm, hätten wohl die wenigsten geglaubt, dass dieser den Tiergarten auf dem Zürichberg in einen der besten Zoos der Welt verwandeln würde. Doch Alex Rübel belehrte alle Zweifler eines Besseren. Schritt für Schritt modernisierte er den Zoo. Aus alten Gittergehegen wurden naturnahe Anlagen wie der Nebelwald für Brillenbären, Himalaja für die Tiger, Kaeng Krachang für Elefanten oder die Masoalahalle für die madagassische Fauna und Flora. Nun gab der Zürcher bekannt, Ende Juni 2020 in Pension zu gehen.

Ihre Versetzung in den Ruhestand erfolgt zeitgleich mit der geplanten Eröffnung der Anlage für afrikanische Savannentiere. Ein Zufall?

Alex Rübel: Nein. Es war mir wichtig, auch dieses Grossprojekt, das wir im Team ausgearbeitet haben, gemeinsam zu beenden. Mit meinem Verwaltungsratspräsidenten Martin Naville haben wir dann vereinbart, dass die Generalversammlung 2020 der richtige Zeitpunkt für eine Stabsübergabe ist.

Warum gaben Sie diesen Schritt bereits jetzt bekannt?

Die Bekanntgabe geschah in Absprache mit Martin Naville und soll einerseits den Verantwortlichen genügend Zeit für die Suche und Auswahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers einräumen und andererseits Interessenten ermöglichen, gegebenenfalls rechtzeitig zu kündigen, damit er oder sie am 1. April 2020 offiziell beginnen und ich die Person noch einarbeiten kann.

Was muss diese Person für diesen Job unbedingt mitbringen?

Es sollte wieder jemand mit naturwissenschaftlichem Hintergrund sein. Jemand, der Visionen und Freude an Tieren und Menschen hat, planen kann. Der bereit ist, seine Aufgabe zu leben und jederzeit die Interessen des Zoos zu vertreten.

Rund 29 Jahre werden Sie bei Ihrer Pensionierung den Zoo Zürich als Direktor geleitet haben. Welche Ihrer Massnahmen war dabei die wichtigste?

Dass wir es geschafft haben, einen herkömmlichen Tiergarten zu einem Naturschutzzentrum weiterzuentwickeln und die Besucher für den Natur- und Artenschutz zu motivieren.

Diese Verwandlung hat dazu geführt, dass der Zoo Zürich in Fachkreisen als einer der besten Zoos der Welt gilt. Was machen Sie und Ihr Team so viel besser als die Konkurrenz?

(Überlegt lange, die Red.) Ich glaube, wir haben eine bessere langfristige Planung als die meisten anderen und zudem ein Gesamtkonzept, das über viele Jahre funktioniert. Wenn wir eine Anlage entwickeln, dann geht es nicht nur darum, die Tierhaltung an sich zu verbessern, sondern auch, ein Erlebnis für den Besucher zu schaffen und zusammen mit edukativen Elementen zu einem grossen Ganzen zu verbinden. Dafür braucht es als Grundlage – und da hapert es bei vielen anderen Zoos ebenfalls – eine stabile Finanzierung.

Schaut man sich die Planungen aus Ihrer Amtszeit an, stellt man fest, dass fast alle auch realisiert wurden. Auf welches dieser Projekte sind Sie besonders stolz?

Auf Masoala. Mit dieser Tropenhalle konnten wir unsere Zoo-Idee – optimale Tierhaltung, biologisches Gleichgewicht, keine Schranken, Verbindung zur Wildnis – am besten umsetzen. Das gibt es in dieser Qualität in keinem anderen Zoo.

Welche Tierart(en) hätten Sie gerne noch nach Zürich geholt?

Den Indri. Dieser grosse madagassische Halbaffe gilt als nicht haltbar. Ich bin überzeugt, dass dies in unserer Masoala-Anlage möglich wäre.

Was war der schönste und was der traurigste Moment Ihrer Karriere?

Ich kann bei beiden kein Einzelerlebnis herauspicken. Für mich generell am schönsten ist es, wenn ich im Vorbeilaufen mitbekomme, wie sich die Besucher an den Tieren und den Anlagen erfreuen. Die traurigsten Momente sind immer die, wenn eine Tierpersönlichkeit stirbt. Etwa der Elefant Komali, Tiger Elena oder Gorilladame Mamitu, die wir letzten Donnerstag einschläfern mussten. Solche Tiere sieht man irgendwie als Teil der Familie, und darum geht es einem auch sehr nahe.

Haben Sie es nie bereut, Ihren praxisbezogenen Beruf als Veterinär aufgegeben zu haben und sich stattdessen um all die organisatorischen, finanziellen und zwischenmenschlichen Probleme eines Zoos zu kümmern?

Es gab durchaus Situationen, in denen ich solche Dinge von mir geschoben und lieber das gebrochene Bein eines Tieres behandelt hätte. Andererseits hat der Job des Zoodirektors gegenüber dem des Veterinärs auch Vorteile. Letzterer kommt erst zum Zug, wenn es brennt, also das Tier krank oder verletzt ist. Als Zoodirektor kann man jedoch präventiv etwas für Tiere tun.

Gehen wir zurück in die Zukunft. Haben Sie sich schon überlegt, was Sie nach Ihrer Pensionierung tun werden?

Sicher mal wieder Ferien in den Bergen zu machen, statt von Zoo zu Zoo zu reisen, sowie mehr Zeit mit meinen Enkeln zu verbringen. Meiner Passion für Bücher und Geschichte nachgehen. Und dem Zoo Zürich zwar im Herzen verbunden bleiben, jedoch meinem Nachfolger nicht als graue Eminenz im Nacken zu sitzen.

Zur Person

Alex Rübel kam am 4. Mai 1955 in Zürich zur Welt. Er studierte an der Universität Zürich Veterinärmedizin, wurde danach Assistent des Zootierarztes Ewald Isenbügel und 1991 als Nachfolger von Peter Weilenmann Direktor des Zoo Zürich. Rübel wohnt mit seiner Partnerin in Zürich und hat drei Kinder und zwei Enkel.

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