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Tauben geniessen das Seeufer. (Bild: Christian Saggese)

Tauben ja, aber...

Von: Christian Saggese

02. Juni 2021

Die steigende Taubenpopulation zu stoppen ist ein Dauerthema. Nun haben zwei Gemeinderäte einen neuen Ansatz. Und die Stadt hofft, aufgrund einer rechtlichen Grundlage das übermässige Füttern zu unterbinden. 

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Tauben – manche mögen sie, andere bezeichnen sie wenig schmeichelhaft als die «Ratten der Lüfte». Laut Schätzungen der Stadt sollen rund 16 000 Tauben in Zürich leben. Und all diese Tiere hinterlassen Spuren: Um die 80 Tonnen Taubenkot werden jährlich registriert. Das ist nicht ungefährlich. So greift der Kot nicht nur Fassaden an und verursacht dadurch Schäden, sondern er kann auch zu gesundheitlich kritischen Folgen führen; und zwar, wenn sich Menschen über den Kot mit Viren, Salmonellen und anderen Bakterien anstecken.

Die Eindämmung der Taubenpopulation ist daher in vielen Städten ein Thema. Auch wenn verwilderte Haustauben zum Stadtbild gehören, soll der Konflikt mit den Menschen möglichst minimiert werden, sagt Martina Bosshard, Sprecherin von Grün Stadt Zürich. «Unser Hauptfokus bei Tauben liegt deswegen bei der Sensibilisierung zum Thema Fütterung. Wir rufen die Bevölkerung dazu auf, aufs Füttern und insbesondere aufs übermässige Füttern zu verzichten, denn die Grösse der Population hängt hauptsächlich vom Nahrungsangebot ab. Regelmässig gefütterte Tiere vermehren sich um ein Vielfaches im Vergleich zu Tieren, die sich ihre Nahrung selber suchen müssen.» Das Füttern von Tauben ist in der Stadt Zürich aber nicht verboten. Mit dem revidierten kantonalen Jagdgesetz, das voraussichtlich im nächsten Jahr in Kraft treten wird, könnte sich dies ändern. «Das neue Gesetz sieht vor, dass – mit wenigen Ausnahmen, zu denen die Tauben nicht gehören – das Füttern von Wildtieren verboten wird. Wir gehen davon aus, dass wir mit dieser neuen rechtlichen Grundlage besser in der Lage sein werden, um gegen das übermässige Füttern von Tauben vorzugehen», so Bosshard.

Vorbild Augsburg

Wenn die Taubenschwärme zu gross werden, werden sie von den städtischen Wildhütern reguliert. Auf der Homepage der Stadt Zürich heisst es unter anderem, dass diese die Tiere einfangen oder abschiessen und die Jungen entfernen. Die Gemeinderäte Urs Helfenstein (SP) und Selina Walgis (Grüne) beobachten diese Strategie mit Skepsis. Sie haben deswegen kürzlich ein Postulat eingereicht, das ein Umdenken bei der Taubenpolitik verlangt. Konkret soll der Stadtrat prüfen, wie durch die Umsiedlung von Tauben in Schläge das Problem tierfreundlich reduziert werden kann. Sie beziehen sich dabei auf das Modell der deutschen Stadt Augsburg. Dort wurde bis Mitte 1995 gegen Taubenbelästigungen ebenfalls durch Abschuss vorgegangen. Nachdem sich Tierschutzorganisationen dagegen ausgesprochen hatten, dies auch, weil dadurch keine dauerhafte Reduktion der Population erreicht werden konnte, wurde ein neues, tierfreundliches Konzept erarbeitet.

Im Zürcher Postulat wird die Idee wie folgt beschrieben: Die bisherigen Nester der Tauben werden samt den Eiern zerstört. Als Nestersatz werden komfortable Taubenhäuser aufgestellt. In den Taubenhäusern gibt es immer Ökofutter in genügender Menge. 80 Prozent der Taubennahrung besteht neu aus Ökofutter. Die gleiche Menge Kot findet sich danach im Taubenhaus, das regelmässig gereinigt wird. Der Bio-Kot ist weniger aggressiv und kann in jeder Kehrichtverbrennungsanlage problemlos — unter Nutzung ihres Energiepotentials — zu Asche verbrannt werden. Fast alle Taubeneier werden durch gleich grosse Gipseier ersetzt. Die Tauben bemerken das nicht. Diese Methode ist darum zu bevorzugen, weil sie tierfreundlicher als die bisher gewählte Strategie ist und der Bestand der Tauben so reduziert werden kann.

Für den Zürcher Tierschutz eine durchaus interessante Option, heisst es auf Anfrage. Wie die Erfahrungen in mehreren europäischen Städten zeigen würden, hätte sich der Unterhalt kontrollierter Taubenschläge, kombiniert mit der verstärkten Aufklärung der Bevölkerung, als geeignete Strategie bewährt. Auf diese Weise sei es möglich, eine stabile Population gesunder Stadttauben zu etablieren. Die Möglichkeit, Seuchen gezielt zu bekämpfen, sei aus Tierschutzsicht ein bedeutender Vorteil von Taubenschlägen. Zudem seien das Austauschen der Bruteier durch Gipseier sowie auch die Reduktion des Futterangebots nachhaltiger und tierfreundlicher als das Abschiessen, Vergiften oder Fangen der Tiere.

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